Ein rasant steigender Meeresspiegel, bis zu 2,8 Grad mehr bis 2100: Die Zukunftsszenarien im Abschlussbericht des Weltklimarats sind dramatisch. Die Forderungen entsprechend dringlich. Die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Papier.
Der Weltklimarat hat in seinem Abschlussbericht eindringlich vor den Folgen des Klimawandels gewarnt. Die Ozeane könnten demnach bis zur Jahrhundertwende einen Anstieg von bis zu einem Meter verzeichnen, die Erde sich schneller und stärker erwärmen als bisher angenommen. Grund sei der vor allem in den vergangenen Jahrzehnten extrem gestiegene CO2-Ausstoß, so die Wissenschaftler. Die Folgen sind für Milliarden von Menschen dramatisch – vor allem im Globalen Süden, der am wenigsten Treibhaus ausstößt. Zu welchen Schlüssen die Wissenschaftler gekommen sind – eine Übersicht.
Dem Bericht zufolge lagen die Temperaturen auf der Erde im Zeitraum von 2011 bis 2020 um durchschnittlich 1,1 Grad Celsius höher als im vorindustriellen Zeitraum (1850-1900). Auf den Landflächen sind es sogar rund 1,6 Grad, über den Ozeanen 0,9. Sollte der CO2-Ausstoß nicht umgehend und drastisch vermindert werden, könnten dem Weltklimarat zufolge die eigentlich für das Ende des Jahrhunderts anvisierten 1,5 Grad bereits in den 2030er-Jahren zumindest zeitweise überschritten werden.
Einige Modelle zeichnen ein noch dramatischeres Bild: Demnach könnte die Erderwärmung am Ende des 21. Jahrhunderts bei 2,8 Grad liegen, sollten die Staaten ihre versprochenen Anstrengungen gegen den Klimawandel nach 2030 nicht intensivieren.
Auch für die Ozeane sehen die Wissenschaftler durch den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase in den vergangenen 150 Jahren dramatische Folgen: Der globale Meeresspiegel lag 2018 im Mittel um 20 Zentimeter höher als 1901. In den vergangenen Jahren hat sich der Anstieg sogar beschleunigt: Bis 1971 waren es im Schnitt pro Jahr 1,3 Millimeter, von 2006 bis 2018 hingegen jährlich schon 3,7 Millimeter.
Der Weltklimarat hält es für nicht unwahrscheinlich, dass der Meeresspiegel im Vergleich zum Zeitraum von 1995 bis 2014 je nach Entwicklung der CO2-Emissionen bis zum Jahr 2100 um bis zu einen halben oder im Extremfall sogar um einen Meter steigen könnte.
Durch den Ausstoß von Kohlendioxid heizen die Menschen den Klimawandel immer weiter an. 2019 waren es laut Weltklimarat rund zwölf Prozent mehr als 2010 und 54 Prozent mehr als 1990. Von der Gesamtmenge an Emissionen zwischen 1850 und 2019 wurden 42 Prozent von 1990 bis 2019 ausgestoßen. Sollte der jährliche CO2-Ausstoß bis 2030 auf gleichem Niveau wie 2019 bleiben, dann wäre das Budget, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, fast aufgebraucht, so die Wissenschaftler.
Vor allem Haushalte in wirtschaftsstarken Staaten tragen dem Bericht zufolge zu den weltweiten verbrauchsbedingten Treibhausgasemissionen bei. Das Zehntel der Haushalte mit dem höchsten Pro-Kopf-Ausstoß ist demnach für bis zu 45 Prozent Emissionen verantwortlich. Dagegen trägt die Hälfte mit dem niedrigsten Ausstoß nur höchstens 15 Prozent bei. Die wirtschaftlich am wenigsten entwickelten Länder und kleine Inselstaaten haben wesentlich niedrigere Pro-Kopf-Emissionen als der weltweite Durchschnitt – sind vom Klimawandel aber am stärksten betroffen.
Bereits in naher Zukunft werden dem Bericht zufolge in allen Weltregionen durch den Klimawandel hervorgerufene Gefahren zunehmen. Beispielsweise drohten Überflutungen in küstennahen Städten, mehr Hitzetote und ein Verlust der Artenvielfalt. Dabei schreiben die Fachleute auch, dass die Risiken größer seien als noch vor wenigen Jahren angenommen.
Weltweit leben bis zu 3,6 Milliarden Menschen in Gegenden, die durch den Klimawandel stark gefährdet sind – besonders in Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika, auf kleinen Inseln und in der Arktis. An Überschwemmungen, Dürren, Ernährungskrisen und Wasserknappheit leiden insbesondere Menschen in den am wenigsten wirtschaftlich entwickelten Ländern, indigene Völker, kleine Lebensmittelproduzenten und Haushalte mit niedrigen Einkommen.
Die Zunahme extremer Wetterereignisse führt zu höherer Sterblichkeit und zu mehr Erkrankungen. Von 2010 bis 2020 war die Sterblichkeit durch Überschwemmungen, Dürren und Stürme in stark gefährdeten Regionen 15 Mal höher als in Gegenden mit sehr geringer Gefährdung.
Neben Krankheiten, die aus Nahrungs- und Wassermangel entstehen, gibt es psychische Probleme und Traumata wegen steigender Temperaturen, Extremereignissen oder des Verlustes von Lebensgrundlagen und Kultur. Das führt auch dazu, dass Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Der Weltklimarat geht davon aus, dass Risiken, Verluste und Schäden mit jedem Erwärmungsschritt steigen, immer komplexer werden und schwieriger zu bewältigen sind.
Angesichts der verheerenden Auswirkungen des Klimawandels fordert der Weltklimarat die Staatengemeinschaft zur Eindämmung des CO2-Ausstoßes auf. Die Vorhaben zur Eindämmung des Klimawandels werden dabei nach Angaben der Wissenschaftler zunehmend günstiger.
Von 2010 bis 2019 sind demnach die Kosten pro Einheit bei der Solarenergie um 85 Prozent, bei der Windenergie um 55 Prozent und bei Lithium-Ionen-Batterien um 85 Prozent gesunken. In diesem Zeitraum habe der Einsatz von Solarenergie um das Zehnfache und die Zahl der E-Fahrzeuge um mehr als das 100-Fache zugenommen. Ziel müsse sein, schnellstmöglich CO2-neutral zu werden. In diesem Jahrzehnt müssten Entscheidungen und Maßnahmen getroffen werden, die Auswirkungen auf Tausende von Jahren hätten, so der Weltklimarat.
Quelle: https://www.tagesschau.de/weltklimarat-abschlussbericht-hintergrund-101.html