Zu wenig Ausrüstung, keine Medizinchecks, Himmelfahrtkommandos: In einem Video kritisieren angebliche russische Soldaten massiv Strategie und Führung im Ukrainekrieg. Sie bleiben aber anonym – wohl aus Angst vor Repressalien.
In einem Videoappell haben angebliche Reservisten Russlands im östlichen Kriegsgebiet der Ukraine Missstände in der Truppe beklagt und Kremlchef Wladimir Putin zur Hilfe aufgefordert. Als Oberkommandierender der Streitkräfte solle sich Putin darum kümmern, dass die Kommandeure ihre Arbeit machten, sagte ein vermummter Sprecher.
»Wir wissen, dass wir nicht die einzigen sind, die mit einer solchen Bitte auftreten«, sagt der Mann »im Gebiet Donezk«. Putins solle sich nicht auf dem Papier, sondern vor Ort um die Lage kümmern, verlangt er. Putin hat bisher die Truppen im Kampfgebiet nicht besucht – anders als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der vereinzelte Frontbesuche absolvierte.
Die Kommandeure würden einfach das Dekret des Präsidenten ignorieren und unvorbereitete Einheiten in den Sturmtrupps einsetzen, beklagte der Mann. Sie würden vorgeschickt, während die Soldaten hinten blieben. »Die Führung unseres Regiments führt keinen Dialog mit uns, schüchtert uns ein und droht uns mit Inhaftierung, wenn wir uns den Kampfhandlungen verweigern und nicht an die erste Frontlinie vorrücken.« Wegen fehlender Unterstützung durch eine Aufklärung und mangelnde Kommunikation mit anderen Einheiten würden sinnlos Reservisten sterben und verletzt.
Der Mann weist darauf hin, dass das Durchschnittsalter der Einheit bei 40 Jahren liege, viele seien gesundheitlich eingeschränkt. Es habe schon zu Beginn keine medizinische Tauglichkeitsuntersuchung gegeben. »Wir weigern uns nicht, die Aufgaben der Gebietsverteidigung zu erfüllen. Wir lehnen es ab, ein ungerechtfertigtes Risiko einzugehen – mit Maschinengewehren gegen Panzer, gegen Mörser und Scharfschützen«, sagte er. Seinen Angaben nach waren die Männer in den Gebieten Swerdlowsk und Perm eingezogen worden.