Nach seiner Reise auf die Krim hat Russlands Präsident laut Kreml auch das besetzte Mariupol besucht. Das Staatsfernsehen veröffentlicht dazu einen Propagandafilm – in dem die Zerstörung der Hafenstadt kein Thema ist. Von Christina Nagel.
Es ist ein Besuch, den der Kreml auf besondere Weise in Szene setzt: nicht als klassische Reportage, sondern im Stil eines Dokumentarfilms. „Befinden uns auf dem Territorium des Flughafens“, ist von Vize-Regierungschef Marat Chusnullin zu hören: Ankunft in Mariupol.
Eine Kamera ist dabei, als der russische Präsident und der stellvertretende Premierminister durch die nächtliche Stadt fahren. Putin am Steuer. Chusnullin mit Projektbeschreibungen auf dem Schoß: „Wir arbeiten hier rund um die Uhr“, sagt er.
Neue Straßen, neue soziale Einrichtungen, neue Infrastruktur, neue Wohnviertel. Wer dranbleibt, bekommt 40 Minuten lang zu hören, wie viel der Kreml tut, um das vom Krieg gezeichnete Mariupol wieder aufzubauen. Besser, schöner als je zuvor. „Es ist ein kleines Stück vom Paradies, das wir jetzt haben“, sagt eine junge Frau, die Putin in Mariupol trifft. Er verspricht ihr, es zu erweitern.
Sich überrascht gebende, zutiefst dankbare Anwohner treffen auf einen bescheidenen Präsidenten – der sich entschuldigt, so unerwartet aufgetaucht zu sein, während er sich von einem älteren Herrn eine der Neubauwohnungen zeigen lässt. „Danke, dass Sie gekommen sind – wir freuen uns“, sagt der Mann.
Es ist eine Inszenierung, bei der aufgrund der Dunkelheit zwar wenig zu sehen ist – die dafür aber alles bietet, um die entscheidende Botschaft ans Volk zu bringen. Selbst einen alten Schultisch auf einem neuen Kinderspielplatz, damit Chusnullin und Putin Pläne für die weitere Entwicklung studieren können. Man „baue gerade die Wärmeversorgung komplett um“, sagt Chusnullin etwa.
Zum neunten Jahrestag der völkerrechtswidrigen Krim-Annexion ist es dem Kreml wichtig, noch einmal zu unterstreichen, was der russische Staat alles für die nach seiner Lesart „befreiten Gebiete“ tut. Sei es auf der Krim oder aber in der Hafenstadt Mariupol, die wieder aufgebaut werden muss, weil sie bei russischen Angriffen in Schutt und Asche gelegt wurde. Letzteres allerdings ist kein Thema.
Die „militärische Spezialoperation“, wie der Krieg in der Ukraine in Russland genannt wird, läuft vielmehr in aller Brutalität weiter. Wie und an welchen Frontabschnitten, darüber ließ sich Putin in der Nacht ebenfalls noch unterrichten – bei einem Besuch eines Kommandopostens in Rostow am Don.
Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/putin-besuch-mariupol-101.html