Verteidigungsminister Boris Pistorius hat verkündet, wie er das Beschaffungswesen beschleunigen will. Der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie schließt sich dem Vorstoß an. Pistorius agiere ganz in ihrem Sinne.
Berlin. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV), Hans Christoph Atzpodien, hat die von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Mittwoch erlassenen neuen Regeln zur Beschleunigung des Beschaffungswesens begrüßt. „Soweit die Maßnahmen des Verteidigungsministeriums zur Beschleunigung der Beschaffung bereits öffentlich bekannt sind, werden sie vom BDSV ausdrücklich begrüßt“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
„Wir waren schon im letzten Jahr der Auffassung, dass die nun angekündigte Reduzierung der für die Beschaffung maßgeblichen internen Regularien des Ministeriums auf das gesetzliche Mindestmaß eine dringend gebotene Maßnahme darstellt. Die Priorität für Zeit, Marktverfügbarkeit und Funktionalität in den Beschaffungsprozessen der Bundeswehr entspricht ebenfalls unseren bekannten Empfehlungen.“
Rüstungsindustrie will mehr eingebunden werden
Atzpodien fuhr fort: „Wir glauben daher, dass eine konsequente Nutzung der neuen Vorgaben auch uns als Industrie ermöglichen wird, unsere bei anderen Nato-Kunden erprobten marktverfügbaren Produkte nun auch der Bundeswehr zur Verfügung zu stellen.“ Generell könne sein Verband die Bundeswehr nur ermutigen, die Industrie früher als bisher einzubinden, damit diese ihre Kreativität und ihre Lösungskompetenz so weitgehend und so schnell wie möglich einbringen könne.
Pistorius hatte einen Tagesbefehl herausgegeben. Darin heißt es unter anderem: „Neuentwicklungen von Ausrüstung und Gerät werden weiter ein Bestandteil unserer Beschaffung sein. Aber die Grundregel ist ab sofort die Beschaffung marktverfügbarer Produkte, wann immer das möglich ist. Die Forderungen, die wir an ein Produkt stellen, werden wir deshalb künftig zunächst an der Marktlage und dem Faktor Zeit spiegeln.“ Der zuständige Staatssekretär Benedikt Zimmer teilte mit, Ausnahmen in Gesetzen seien „konsequent zu nutzen. Soweit bundeswehrinterne untergesetzliche Regelwerke die gesetzlichen Regelungen verschärfen, sind diese hiermit ausgesetzt.“
Pistorius setzt auf mehr Eigenverantwortung
Pistorius will die Inspekteure der Teilstreitkräfte – Heer, Luftwaffe und Marine – stärker in die Entscheidungen einbinden. Auch soll bei einmal bestellten Waffensystemen im Nachhinein nicht, wie bisher üblich, immer wieder draufgesattelt werden. Insgesamt setzt der Minister auf mehr Eigenverantwortung im eigenen Haus sowie im nachgeordneten Beschaffungsamt in Koblenz. Im Gegenzug sichert er zu, dass Entscheidungsträger aus Fehlern lernen dürften und nicht sofort mit negativen Konsequenzen rechnen müssten.
Europäische Gemeinschaftsprojekte stehen weiterhin auf dem Plan
Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine und der Bereitstellung des Sondervermögens für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro hatte die vorherige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) gemeinsam mit Kanzler Olaf Scholz und dem damaligen Generalinspekteur Eberhard Zorn entschieden, als Ersatz für Kampfflugzeuge des Typs Tornado F35-Kampfbomber zu bestellen und den Transporthubschrauber CH-53 durch den Transporthubschrauber CH-47F Chinook zu ersetzen; beide Waffensysteme kommen aus den USA.
Aus dem Ministerium verlautet jetzt, es gebe auch in Deutschland fertige Waffensysteme. Im Übrigen seien europäische Gemeinschaftsprojekte mit der neuen Linie keineswegs ad acta gelegt. Das geplante deutsch-französisch-spanische Kampfjetprojekt FCAS, das bis ins übernächste Jahrzehnt terminiert ist, sei dafür ein Beispiel. Freilich seien schwere Transporthubschrauber in Europa derzeit nicht zu bekommen. Und gerade beim Tornado-Ersatz müsse es schnell gehen. Marktverfügbarkeit werde bei künftigen Ausschreibungen ein zentrales Kriterium.